Aller Anfang ist schwer
Seit Wochen hab ich einen Plan:
Ich fange jetzt zu malen an.
Brauch‘ ich jetzt einen Künstlerrock?
Das nicht, doch sicher einen Zeichenblock.
Ich kaufe schnell denselben ein,
doch was mal ich jetzt hinein?
Ich sehe mich im Zimmer um.
Da steh’n genug Modelle rum.
Vielleicht die schöne Blumenvase,
oder besser doch der Hase,
der auf dem Regal da hockt,
und mich mit Kulleraugen lockt.
Den Block, den schlag ich auf sodann,
ein weißes Blatt, das grinst mich an.
Ich nehme einen Stift zur Hand,
mal einen Kringel an den Rand.
Und weil er gar so schön gelungen,
wird gleich noch mal der Stift geschwungen.
Diese Kringel machen Spaß,
doch sie sind ein wenig blass.
Farbe bring‘ ich jetzt ins Spiel:
Rot und blau, doch nicht zu viel.
Nun nehme ich noch etwas grün,
lass im Grün dann Blumen blüh’n.
Jö, das ist ja eine Wiese!
Darin sitzt die kleine Liese.
Lacht und ist ganz frohgemut,
weil sich das gut reimen tut.
Seifenblasen macht die Liese
Auf der grünen Sommerwiese.
Schweigend schau mein Bild ich an,
doch erfreu‘ mich nicht daran.
Ich verziehe mein Gesicht,
denn mein Werk gefällt mir nicht.
Schnell reiss‘ ich das Blatt herunter,
da sind noch viel weiße drunter.
Wieder ist’s, wie es begann:
Ein weißes Blatt, es grinst mich an.
Nun grins ich einmal auch zurück:
„Na warte nur, du freches Stück!“
Und ich kratze mich am Kopf.
„Jetzt mal ich einen Blumentopf.“
In einem schlauen Buch, da steht,
wie die ganze Sache geht.
Mit dem Topf, da fang ich an.
Dann kommen noch die Blumen dran.
Als das Bild dann fertig ist,
sag‘ ich laut: „Was für ein Mist!“
„Das ist doch kein Blumentopf.“
Ich zerbreche mir den Kopf:
„Was soll ich nur weiter machen?“
Mir ist gar nicht mehr zum Lachen.
Energisch reiss‘ das Blatt ich runter,
vor mir liegt nun das darunter.
Es ist weiß und grinst mich an,
wie es die ander’n auch getan.
Ein Bild – das kann so schwer nicht sein,
ich schau noch mal ins Buch hinein.
Da steht: Spontan muss man nur sein,
dann geht das alles von allein.
Den Pinsel tauch ich kräftig ein.
Genau das Rot, das soll es sein.
Ein Punkt, der ist jetzt auf dem Blatt,
schön in der Mitte, rund und satt.
Den Block, den leh’n ich an die Wand,
’nen Schritt zurück, das gibt Abstand,
um mein Werk dann kritisch zu betrachten,
wie’s Leute im Museum machten.
„Und was soll das denn nun sein?“
Dazu fällt mir gar nichts ein.
Und wie ich noch steh‘ und schau‘,
kommt meine Tochter, die so schlau:
„Toll, Mama, hast du das gemacht,
Wer hätte vorher das gedacht.
Das Bild ist wirklich ausdrucksstark.“
Das trifft mich wirklich bis ins Mark.
Jetzt steh‘ ich ganz verlegen rum,
und fühle mich ein bisschen dumm.
„Naja, vielleicht hat sie doch recht,
und mein Bild ist gar nicht schlecht.“
Nun braucht es nur mehr einen Namen
und ganz sicher einen Rahmen.
Der Name, der ist schnell erdacht,
auf einem Schild auch angebracht.
„Ratlosigkeit“ so heißt das Stück,
und denk ich dann daran zurück,
wie schwierig diese Schöpfung war,
so passt der Name wunderbar.